Montag, 24. November 2008
Kynismus

Bild: Diogenes aus Sinope/Diogenes in der Tonne


Bevor ich in der Folge kynische Texte bzw. kynische Satire bloggen werde, erkläre ich vorab dem geneigten Leser, was es denn mit diesem Kynismus auf sich hat.


Was genau ist also Kynismus ?

Nicht ganz einfach zu beschreiben, hab ich es hier
einmal versucht zusammenzustellen:

Ursprünglich wird der Kynismus als eine philosophische Richtung der griechischen Antike (5. Jhr. v. Chr.) eingestuft. Erst viel später griff man den Begriff des Zynismus auf.

Aufgrund der eher praktischen als philosophischen Orientierung der kynischen Lehre ist es die Aufgabe der Kyniker selbst, ihre auf die jeweiligen Gesellschaftsverhältnisse angepassten Kynismus ,zeitgemäß also, auszurichten und zu definieren um sich vom allgemeinen Zynismus abzugrenzen.
Die letzten in der Postmoderne übriggebliebenen Kyniker tun sich zugegeben schwer damit. Bedienen sie sich nämlich genauso wie Kulturpessimisten und Kulturoptimisten einem geschichtsphilosophischen bzw. soziohistorischen Determinismus.

Kyniker zählen zu den ersten Kulturkritikern, deren höchstes Ziel das bedürfnislose Glück ist, das auf innerer Unabhängigkeit und Autarkie beruht.
Dieses Ziel wurde insbesondere nach dem Peloponnesischen Krieg erklärt. Der in dieser Zeit aufkommenden Überdruss an der „verkommenen Gesellschaft“ war dafür ausschlaggebend.

Zweifellos prägte der Kynismus in den darauffolgenden Jahrhunderten unsere Kultur- und Philosophielandschaft mit, auch wenn die meisten kynischen Schriften verloren gingen.

Kyniker sind und waren von jeher etwas kauzige Sonderlinge, aber keineswegs hämische oder gar bösartige Menschen, die sich absichtlich über die Würde des anderen hinwegsetzen.

Kyniker sind genau wie Zyniker eher
Moralisten mit einem Hang zur Farce,
Komödianten mit melancholischen Neigungen.
Nicht eine Erleuchtung ist es oder eine Idee,
die sie motiviert, sondern der blanke Ekel.

Zugegeben, der schwarze Humor, den manche Kyniker an den Tag legen, ist eine Ausgeburt des Ekels; aber die bösartigen Ausfälle, die sie sich erlauben, sind nur eine Schutzmassnahme oder ein Ventil, um an dem Unmut nicht zu ersticken, den das Studium der Conditio humana (Bedingung des Menschseins) bereitet.
Genau darin -so muß ich gestehen- liegt auch meine Hauptmotivation.

Näher betrachtet sind Kyniker wie Zyniker also Spezialisten in Sachen Trivialität, Experten auf dem Gebiet des Profanen. Sie verstehen sich darauf, mit dem, was in einer Kultur als abgeschmackt, seicht und belanglos gilt, intelligent umzugehen, das heißt auf nichttriviale Art und Weise. Sie bieten das Triviale wider das Schöne, Wahre und Gute auf, konfundieren das Höchste mit dem Gemeinsten, zeigen ein ums andere Mal, dass es stets nur ein kleiner Schritt vom Erhabenen zum Lächerlichen ist.

Und wenn der Zynismus, wie Antisthenes sagte, «der kürzeste Weg zur Tugend» ist, dann ist das Triviale die Sphäre, über die er verläuft. Zyniker tragen keine Scheu, etwas Gemeines und vermeintlich Belangloses ins Feld zu führen, um die Autorität des Wissens oder der Macht zu erschüttern. «Seien Sie richtig gemein», so sagt z. B. Houellebecq in seinem Werk Elementarteilchen «dann sind sie wahr.»

Der Kynismus läuft oft in gleicher Manier ab, unterscheidet sich aber , wie gesagt in den Ursprüngen und dem grundlegenden und für sie erreichbaren Ziel der Glückseligkeit.

Zyniker sind dagegen meist hoffnungslose Kritiker, die häufig, ohne zu merken, ihre Niederlage in Form angepasstem Spott preisgeben, der sich aus dem
zweckdogmatischen Denken der Moderne ergibt!

Dies trifft so für den Kyniker nicht zu, denn seine grundsätzliche (relativ) materielle Bedürfnislosigkeit, die sich in Hinsicht auf seinen Geist bzw. seine ethisch-moralische Gesinnung auf eine analoge Bedingungslosigkeit stützt, verschafft ihm in kontroversen Situationen wie auch bei Analysen von Sachverhalten eine weitgehend unabhängige und ganzheitliche Beurteilungs- bzw. Argumentationsgrundlage.


riesenZWERG

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